Tatjana, selbständig im Gastronomiebereich, spendet gerne und viel. Nachdem sie lange Zeit viele größere Organisationen unterstützt hat, hat sie sich nun einen neuen Wirkungskreis gesucht. GOLDWIND hat sie erzählt, dass Spenden auch schon mal anstrengend sein kann…
Tatjana, wann haben Sie angefangen zu spenden und warum?
Ich bin immer jemand gewesen, der auf der Straße viel gegeben hat. Ich konnte wirklich an niemanden vorbeigehen, ohne ihm Geld zu geben. Es ist mir einfach ein ganz tiefes Bedürfnis etwas zu geben. So vor ca. 15 Jahren habe ich dann angefangen für Organisationen zu spenden. Das hatte zunächst auch steuerliche Gründe. Das Geld auf der Straße kann man ja nicht absetzen.
Wonach haben Sie die Organisationen ausgewählt?
Ehrlich gesagt, wenn ich einen Aufruf gesehen habe und es hat mich angesprochen, dann habe ich einfach überwiesen. Katastrophen, Patenschaften, Aktionen, … Das Geld war ja da. Seit ich aufgehört habe festangestellt zu arbeiten, wähle ich da stärker aus. Ich musste einfach reduzieren. Wichtig ist mir jetzt, die Wirkung sofort zu sehen. Ich möchte nicht nur durch einen Brief oder eine Infopost mitgeteilt bekommen, was gemacht wurde. Daher bin ich nun mehr auf meine unmittelbare Nähe fokussiert. Ich gehe in die Schule und frage, welche Kinder kein Essen bekommen und dann übernehme ich das für ein paar Monate. Steuerquittungen sind nicht mehr so entscheidend für mich.
Was ist mit den großen Organisationen? Sind die nun außen vor?
Die Patenschaft besteht natürlich weiterhin. Aber die Briefe, die ich noch bekomme, berücksichtige ich eigentlich nicht mehr. Es ist mir einfach zu viel Papierkram, was da immer wieder kommt. Das kann sich wieder ändern, aber im Moment mag ich da einfach nicht mehr drauf reagieren. Mir fehlt die Lust… Aktuell steht das Frauenhaus vor Ort an erster Stelle. Die sammeln offiziell noch nicht mal Spenden.
Warum haben Sie das Frauenhaus ausgesucht?
Die haben meiner Mutter geholfen. Als sie dann gestorben ist, habe ich angefangen das Frauenhaus zu unterstützen. Das ist jetzt rund 8 Jahre her. Trotzdem rechnen die nie mit meiner Spende. Die sind jedes Mal ganz erstaunt und freuen sich. Aber die könnten viel mehr kriegen, wenn sie sich mal melden würden, aber das tun sie nicht. Es kommt kein Brief, indem sie mir z.B. von einem akuten Fall, einer Familie mit Kindern berichten, die Geld benötigt.
In dem Fall würden Sie doch auf einen Brief mit einer Spende reagieren?
Ja, der Unterschied ist, dass ich da komplett betroffen bin. Das berührt mich persönlich. Die sind mir nicht einfach räumlich, sondern emotional nah. Das ist bei den großen Organisationen nicht der Fall. Daher spende ich eben auch, obwohl es mir das Frauenhaus nicht einfach macht. Zum Beispiel muss ich das Geld immer vorbeibringen, denn überweisen geht nicht. Die wollten das immer mal einrichten, aber die haben wohl andere Sachen zu tun. Die haben halt keine professionellen Strukturen. Aber gut, die haben so viel für meine Mutter getan, das ist die Mühe wert. Ich bleibe hartnäckig. Die haben einfach keine Chance mir und meinen Spenden zu entkommen…
Liebe Tatjana, das ist ein wunderbares Schlusswort. Herzlichen Dank für das Gespräch!
>> Tatjana zeigt, welches Engagement Spender an den Tag legen können, wenn sie von einer Sache – und einer Organisation überzeugt sind. Dann warten sie sogar auf die Briefe, die sie ansonsten als zu viel empfinden. Es ist eben nicht der Brief per se, der stört. Entscheidend ist die Verbundenheit zum Absender. Diese kann auch von größeren, „fernen“ Organisationen erzeugt werden. In Tatjanas Fall ist das jedoch keiner gelungen, denn sie steckte lange Zeit in einer Phase der Impulsspende. Sie hat „einfach drauflos gespendet“. Erst als sie anfing, bewusst auszuwählen und sich auf eine für sie wichtige Organisation fokussiert hat, spendete sie mit Herzblut.
GOLDWIND wünscht, dass es Ihnen gelingt, viele Spender so zu binden, dass sie zu vollem Engagement aufblühen.
* Das Interview stammt aus dem Jahr 2014. Tatjana gehört zu den Babyboomern.
In der Reihe GOLDWIND fragt - Spender antworten kommen Spender zu Wort, um ihre Sicht der Dinge zu schildern. Die Auswahl der Interviewpartner erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität. Namen von Organisationen werden weitgehendst neutralisiert, da keine Spenderaussagen zu einzelnen Organisationen dargestellt werden sollen. Vielmehr ist das Augenmerk auf generelles Spenderempfinden gerichtet.