Eine Organisation weiß, wo Hilfe gerade Not tut. Allerdings: Die Bedürfnisse und Wünsche des Spenders zu berücksichtigen, ist wichtig für eine feste Spenderbindung. Kann es daher sinnvoll sein, Projekte nach Spenderwunsch zu stricken?
Wie weit soll eine Anpassung an den Spender gehen? Wer gibt die Richtung vor – Spender oder Organisation?
Jede Organisation hat es wahrscheinlich schon einmal erlebt: Die Anfrage an den Groß-, Firmenspender oder Sponsor endet mit der Bitte nach einem „passenden“ Projekt, das greifbar sei und sich gut nach außen mache. „Könnte man da nicht irgendwie noch Kinder mit unterstützen… Das ist doch immer nett!“, lautet eine nicht selten gehörte Bitte.
Die Organisation steckt in einem Dilemma: Sie braucht die Spenden für ihre Aufgaben. Mit dem Geld soll möglichst sinnvoll und nachhaltig geholfen werden. So will es nicht nur die Organisationssatzung, sondern auch der Spender selbst. Zur Nachhaltigkeit gehört allerdings auch langwierige, oft als langweilig empfundene Aufbauarbeit. Auch die eigene Organisation verursacht Verwaltungskosten, um die Arbeit strukturiert und professionell angehen zu können. Das sind keine Angebote, die den Spendern besonders attraktiv erscheinen.
Was also tun? Der Köder soll ja dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. D.h. Projekte sollten doch nach Maß aufgesetzt werden?
Ich rate zur Vorsicht! Es besteht zum einen die große Gefahr einer Abwärtsspirale, die immer mehr „handgeschnitzte“ Projekte nach sich zieht. Und dann? Eine Organisation, die immer wieder neue Projekte aus dem Boden stampft, wird irgendwann nur noch an diesen gemessen. Die Spender gewöhnen sich an stets neue, individuelle Projekte und reagieren irgendwann nur noch auf „Zuruf“. Unregelmäßige Impulsspenden sind die Folge. Die einzelne Kampagne mag erfolgreich sein, aber das geht zu Lasten von kalkulierbaren Spendenbewegungen. Zudem wird es immer schwerer projektungebundene Spenden zu generieren.
Darunter leidet nicht nur die Nachhaltigkeit Ihrer Arbeit. Die zweite Gefahr besteht darin, dass die Organisation ihre Werte verliert. Wofür steht sie eigentlich? Wer permanent neue Projekte schafft, die mehr an den Spender als an die Organisationsziele angepasst werden, verliert langfristig seine Glaubwürdigkeit, denn er wird beliebig.
Ja, der Köder muss und soll dem Fisch schmecken. Das bedeutet aber nicht, dass der Fisch den Köder bestimmt, sondern vielmehr, dass zum vorhandenen Köder der dazugehörige Fisch gesucht wird! Für jedes Organisationsziel gibt es eine passende Spendergruppe, die das jeweilige Anliegen gerne unterstützt. Wer sich mit Ihren Zielen und vorhandenen Projekten nicht identifizieren kann, der ist bei einer anderen Organisation vielleicht besser aufgehoben.
Haben Sie den Mut, zu Ihren Werten und Idealen zu stehen und ggf. auf einen Spender zu verzichten. Ihre Spenderzielgruppe wird es Ihnen mit Treue danken, da sie weiß, wofür Sie stehen!
Ihre Projekte sind Ihre Schaufensterware. Sie sollen Neugier wecken, eine Idee Ihres Angebotes liefern und dazu einladen, in Ihre Welt einzutreten und mehr zu entdecken. Dafür sind sie wichtig. Doch auch der Rest des Sortiments muss zur Auslage passen. Nur dann haben Sie die Chance auf Stammkunden, die gerne wiederkommen. Denn seien wir ehrlich: Am Ende schätzen wir gute, variable Basics mehr als die schicken Ausgehfummel für den einmaligen Anlass!
Die Richtung des zu gehenden Weges – das schließt Ihre Projekte mit ein – bestimmen Sie als Organisation. Und zwar allein. Spenderbedürfnisse zu berücksichtigen ist wichtig, sollte aber nicht Ihre inhaltliche Arbeit betreffen, sondern in Ansprache und Kontakt zum Tragen kommen. Wenn Sie an einigen Stellen zu Zugeständnissen bereit sind, sollten Sie vorab klare Grenzen definieren, die Ihre Werte als Organisation nicht überschreiten.
GOLDWIND wünscht Ihnen die Ausdauer, Ihren Weg konsequent zu gehen und so gemeinsam mit Ihren Spendern weit zu kommen.
Nachtrag: Als ich das Spenderinterview führte, hatte ich diesen Gedankenkommentar bereits geschrieben. Die Antworten des Interviews konnte ich nicht ahnen, aber passender hätten sie wohl kaum ausfallen können.
Die Spenderin beschreibt genau, worin für sie der Unterschied zwischen den einzelnen Organisationen besteht, für die sie spendet: Die Organisation, von der sie das klarste Bild hat, unterstützt sie seit 9 Jahren. Diese Organisation hat sich durch eine klare Linie positioniert. Das mag nicht jeden ansprechen. Nicole weiß aber genau, was sie an ihrer Organisation hat und vertraut ihr daher so sehr, dass sie als Fördermitglied regelmäßig und zweckungebunden spendet. Die anderen Organisationen sind in ihrer persönlichen Wahrnehmung weniger ausdifferenziert. Hier spricht sie zwar auf einzelne Projekte an, die sie wichtig findet, eine dauerhafte Unterstützung kann sie sich zurzeit aber nicht vorstellen.