Gebe ich den Begriff „Neuspenderbindung“ bei Google ein, spuckt die Suchmaschine aktuell 9 Treffer aus (mit diesem Artikel hoffentlich bald 10). Das ist mehr als überschaubar. Bing setzt den Begriff einfach mit „Spenderbindung“ gleich. Ist das adäquat? Aus GOLDWIND-Sicht: Nein! Es ist durchaus lohnend Neuspender spezifischer zu binden …
Oftmals scherze ich, dass es bei Bestandsspendern genügen würde, einen leeren Umschlag zu verschicken und auf ein aufwändig gestaltetes Mailing mit durchdachten Texten zu verzichten. Ich suche noch nach einer NGO, die das Experiment mit mir wagt. Bei langjährigen Spendern würde der Umschlag mit Absenderlogo vermutlich als Erinnerungsstütze ausreichen. Aber bis zu diesem „blinden Vertrauen“ ist es ein langer Weg.
Für die Bindung an eine Organisation sind verschiedene Faktoren maßgeblich. Die Folgenden wurden in unterschiedlichen Studien extrahiert*:
gemeinsame Werte, persönliche Betroffenheit, Vertrauen, Wertschätzung des Spenders (Dank, Dialog/Beziehungspflege), Zufriedenheit , Commitment (aktive Zustimmung zur NGO), Transparenz, Wirksamkeit, Servicequalität, Einbindung der Spender (z.B. Events, ehrenamtliches Engagement), Unentbehrlichkeit der Organisation.
Das sind eine Menge Ansatzpunkte für einen Fundraiser. Wobei er/sie die beiden Erstgenannten im Laufe der Spendenbeziehung selten wirklich beeinflussen kann. Sie sind aber ein wichtiger Faktor für die Bindung. Menschen, die die Werte der Organisationen nicht teilen und/oder keinen Bezug zum Thema haben, werden keine „echte“ emotionale Bindung mit der Organisation eingehen. Neuspender, die nur wegen einer stark emotionalisierenden Story, sozialen Drucks, eines Incentives oder zu Anlässen von Bekannten spendeten, können – wenn überhaupt – nur passiv gebunden werden. Das heißt, sie bleiben vielleicht eine Zeit lang aktiv. Aber beim geringsten negativen Anlass sind sie weg.
Neuspenderbindung beginnt daher schon bei der Selektion der potentiellen Spender.
Der wichtige Faktor Vertrauen entsteht durch kontinuierliche positive Erfahrungen. Bestandsspender haben diese ausreichend gemacht. Selbst wenn mal etwas nicht optimal läuft, haben sie gelernt, dass die NGO es besser kann und „verzeihen“. Bei Neuspendern muss es von Anfang an passen! Der Vertrauensvorschuss der Erstspende muss mehrfach bestätigt werden Und schnell sollte es gehen: Ist der Zeitraum zwischen Erstspende und Kontakt zur NGO zu lang, verpufft die Wirkung. Eine positive Erfahrung machen die neuen Spender, wenn sie Dank erfahren, die Wirksamkeit der Spende bestätigt bekommen und die NGO Servicequalität beweist.
Dank, Wirksamkeit und Servicequalität sind auch für Bestandsspender wichtig und sollten niemals aufhören. Können Neuspender daher nicht einfach mit allen anderen „mitlaufen“? In der Theorie ja, in der Praxis nein. Die „übliche“ Spenderkommunikation ist aus pragmatischen Gründen oft (zu) allgemein und informativ gehalten. Neuspender müssen aber ein positiv-emotionales Erlebnis mit der NGO verbinden können. Das gilt insbesondere für „Katastrophenspender“, bei denen der Spendenanlass hochdramatisch war. Sie müssen nun die NGO als positiv erleben. Neuspender zu Beginn aus der normalen Spenderkommunikation herauszunehmen, ist ein Aufwand der sich lohnt.
GOLDWIND-Tipp:
Einige NGOs arbeiten bereits mit so genannten Willkommenspaketen für Erstspender. Das persönliche Begrüßungsschreiben ist der richtige Ansatz! Oftmals liegen jedoch Broschüren bei, damit die neuen Spender viel über die NGO lernen. In einer aufwändigen Studie zur Validierung eines Spenderbindungsmodells konnten Sargeant und Woodliffe (2007)* diesen Zusammenhang leider nicht belegen: Angehäuftes Wissen über die NGO hatte keinerlei Einfluss auf die Bindung zur selben. Die Autoren bezeichnen dieses Ergebnis als „enttäuschend“, da es bedeute, dass NGOs „die Bindung nicht erhöhen können, indem sie ein besseres Verständnis für ihre Organisation vermitteln.“ (S. 61).
Ein Neuspender ist ein zartes, schutzbedürftiges Pflänzchen, das oft teuer erstanden wurde und deswegen besondere Aufmerksamkeit verdient hat. Bevor es groß und stark ist und auch mal einen Gegenwind aushalten kann, müssen Sie es mit vielen emotionalen Erlebnissen aufpäppeln. Überschütten Sie es nicht mit zu viel Wissen. Sonst kann es die positiven Nährstoffe nicht richtig aufnehmen.
Wenn Sie noch etwas über N wie Nähe, Normen, Kosten-Nutzen-Bilanz oder Nachwuchsspender erfahren möchten, finden Sie auch außerhalb des Glossars dazu Informationen.
*ausgewählte Studien zur Spenderbindung:
Sargeant, Adrian, Woodliffe, Lucy. (2007). Building Donor Loyalty: The Antecedents and Role of Commitment in the Context of Charity Giving. Journal of Nonprofit & Public Sector Marketing, 18:2, 47-68.
Merchant, Altaf, Ford, John B., Sargeant, Adrian. (2010). ‘Don’t forget to say thank you’: The effect of an acknowledgement on donor relationships. Journal of Marketing Management, 26:7-8, 593-611.
Naskrent, Julia, Siebelt, Philipp. (2010). Spenderbindung - Behavioristische Einflussgrößen und Implikationen für Nonprofit-Organisationen. Journal for Public and Nonprofit Services, 33, 381-402.
Waters, Richard D. (2011). Increasing Fundraising Efficiency Through Evaluation: Applying Communication Theory to the Nonprofit Organization-Donor Relationship. Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 40, 458-475.