Heute gibt es an dieser Stelle zwei GOLDWIND-Kategorien zum Lesezeitaufwand von einer! Ich zeige Ihnen, welche Vorteile es Ihnen bringen kann, sich mit anderen Organisationen zu vergleichen und frage gleichzeitig: Darf man das?
Was ich an Fundraisern schätze, ist das im Vergleich zur Wirtschaftswelt geringe Konkurrenzdenken. Das Ringen um die Gunst des Spenders wird auf dem mehr und mehr gesättigt Markt härter. Und dennoch wissen Fundraiser: Am Ende wollen wir alle Gutes bewirken. Bereitwillig geben sie Auskunft, was funktioniert und was nicht. Sie tauschen Tipps und Tricks aus und unterstützen - wo nötig - auch mal Projekte ganz konkret.
Gleichwohl zählt auch für Fundraiser am Ende das Ergebnis. Das Geld, das sie für die eigenen Projekte benötigen, muss reinkommen, sonst geht in der Organisation nichts mehr.
Es gibt zwei Beispiele, wo der Geldfluss der eigenen Organisation zugute kommt, wenn sie sich vergleicht.
Kategorienabgleich ermöglichen
„Wie viel würden Sie für den Schutz eines Seehundbaby-Reservoirs spenden?“ Menschen, die Sie so ansprechen, bewerten automatisch welchen Rangplatz „Seehundbabys“ unter allen Tieren einnehmen. Und der liegt weit über Schnecken, Silberfischchen oder Reptilien. Prompt wird das Seehundbaby als schützenswert eingestuft. Die individuelle Zuneigung zu Tieren allgemein und Seehundbabys im Besonderen wird dann in einen Euro-Wert übersetzt.
„Wie viel würden Sie für zusätzliche Maßnahmen zur Hautkrebsvorsorge bei Straßenbauarbeitern spenden, die viel der Sonne ausgesetzt sind?“ In der Spendenkategorie „Gesundheitsvorsorge“ werden die meisten Menschen schnell dringlichere Probleme ausmachen als dieses. Für die Straßenbauerbeiter kommen entsprechend weniger Spenden zusammen als für die Seehundbabys.
Studien konnten dies nachweisen, wenn die Befragten nur eines der beiden Szenarien erhielten. Allerdings: Wenn den Befragten beide Projekte vorgelegt wurden, schnitten die Straßenarbeiter besser ab. Im Vergleich erkannten die Studienteilnehmer, dass Straßenarbeiter Menschen sind und Seehundbabys nicht. Und Menschen haben im Allgemeinen einen höheren Stellenwert als Tiere. In der Einzeldarbietung beachten Menschen jedoch nur die offensichtliche Kategorie und nehmen ihre Bewertung nur innerhalb dieser vor.1
Die größere Katastrophe?
Was erzielt eine größere Spendenbereitschaft nach einer Katastrophe: Die Anzahl der „Toten“ oder die Anzahl der „Betroffenen“? Zwei niederländische Forscher fanden heraus, dass Tote mehr Spenden erzielen. Der Tod ist drastischer und der Schrecken der Katastrophe erscheint größer. Die noch lebenden Betroffenen benötigen dagegen mehr Unterstützung als die Toten.
Auch hier brachte ein Vergleich von zwei Katastrophen, bei denen es einmal mehr Tote und einmal mehr Betroffene gab, die Probanden dazu, sich zugunsten der Betroffenen zu entscheiden.
Darf ich das?
Ein konkreter Vergleich zwischen Katastrophen oder Spendenprojekten kann das eigene Projekt ins „rechte Licht“ rücken. Aber darf ich das? Werte ich damit nicht das andere Projekt ab oder verharmlose die vorhergehende Katastrophe?
Bewusste Vergleiche mit anderen namentlich genannten Organisationen oder konkreten Projekten sind in meinen Augen ein klares Tabu. Einen allgemeinen Vergleich anzustellen, erfordert viel kommunikatives Fingerspitzengefühl, um einen eigenen Nutzen hervorzurufen, ohne anderen zu schaden. Allerdings können Vergleiche ungewollt auftreten bzw. nicht verhindert werden, zum Beispiel wenn einer Zeitschrift mehrere Beilagen unterschiedlicher Organisationen beigefügt sind. Oder auf Online-Portalen, auf denen eine Vielzahl von Organisationen gleichzeitig vertreten sind. Dann entstehen o.g. Effekte.
Der Vergleich von sich gleichzeitig ereignenden Unglücken ist ebenfalls tabu. Bei Katastrophen, die in der Vergangenheit liegen, können sachliche Informationen dagegen verwendet werden, um die Einordnung einer aktuellen Katastrophe zu ermöglichen. Z. B. forderte der Taifun Hayian deutlich weniger Todesopfer als der Tsunami 2004, aber ein Vielfaches an Obdachlosen. Wichtig ist, dass die vorhergehende Katastrophe nicht „klein geredet“ wird.
Fazit: Vergleiche können helfen, sind aber mit Vorsicht einzusetzen. Der Vorteil, den Sie durch den Vergleich möglicherweise erlangen, kann durch die Tatsache, DASS Sie vergleichen, zum Schaden werden.
GOLDWIND wünscht Ihnen stets das nötige kommunikative Fingerspitzengefühl, sich und andere gut dastehen zu lassen.
1 vgl. Daniel Kahneman (2010): Schnelles Denken, Langsames Denken.