„Tolle Idee mit der Umfrage!“ Dieser Ausspruch einer Spenderin verdeutlicht, dass Spenderbefragungen eine Dialogmöglichkeit bieten, die viele Spender*innen gerne nutzen. Die unkonventionelle Auseinandersetzung mit der Organisation zahlt auch auf die Spenderbindung ein. Aber auch die fragende Organisation nimmt viel daraus mit.
Immer wieder bin ich freudig überrascht, wenn ich bei der Auswertungen von Spenderbefragungen auf Kommentare stoße, die sich lobend über die Umfrage äußern. „Dieser Fragebogen ist so sinnvoll und ausgefallen. Ich hoffe, Sie erhalten viele Rückmeldungen.“, steht da (unaufgefordert), oder: „…ein solcher Fragebogen => ausgezeichnet, da aufschlussreich für Sie und Ihre Spender“. Ich habe lang genug in der Marktforschung für Profit-Unternehmen gearbeitet, um zu wissen, dass solches Lob für Umfragen keine Selbstverständlichkeit ist.
Neben den lobenden Worten zeugen auch die im Vergleich zur Profitwelt überdurchschnittlichen Responsequoten davon, dass Spender*innen diese Form der Beteiligung schätzen. Sie beantworten die Fragen in dem guten Gefühl, dass sie „ihrer“ Organisation damit über ihr monetäres Engagement hinaus helfen können. Dass eine Umfrage besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht, lässt sich auch daran ablesen, dass sich selbst inaktive Spender*innen daran beteiligen. Natürlich nicht im selben Maße wie aktive Spender*innen, aber manch jahrelanger „Abstinenzler“ wurde so schon wieder reaktiviert. Einige Organisationen legen der Umfrage Überweisungsträger bei, welche sowohl aktive als auch inaktive Spender*innen überdurchschnittlich nutzen. Und manchmal ist die Umfrage die effektivste Werbung für die eigenen Produkte: „Habe durch diese Umfrage Ihre Internet-Seite kennengelernt. Sie gefällt mir gut!“
Spenderbefragungen als Form der Beteiligung können also einen echten Beitrag zur Spenderbindung leisten. Vor allem wenn es über die Befragung gelingt, die Spender*innen zum Nachdenken zu bringen – über die Arbeit der Organisation, ihren Bezug zum Thema und ihr eigenes Hilfe-/Spendenverhalten. „Die Fragen sind eine hervorragende Vorlage zum Nachdenken, danke.“ – „Ich bin froh, dass ich Ihre Dienste noch nie selbst in Anspruch nehmen musste. Durch Ihre Umfrage habe ich eingesehen, dass ich mich intensiver damit beschäftigen muss. Danke!“
Am stärksten fällt der Reflexionsgrad und somit Bindungseffekt bei Interviewstudien aus, bei denen sich die Spender*innen in Einzelgesprächen über einen bestimmten Fundraisinggegenstand äußern. Aufgrund des Aufwands kann jedoch nur ein sehr kleiner Teil der Spenderschaft daran teilnehmen, während schriftliche Umfragen an alle oder einen sehr großen Teil der Spender*innen versandt werden können. Dafür bietet diese Forschungsmethode die Möglichkeit, tiefer in die „Spenderpsyche“ einzudringen, um zum Beispiel zu verstehen, was die Bindung an die jeweilige NGO ausmacht oder warum jemand spendet (auf einer tiefenpsychologischen Ebene). Diese Erkenntnisse können wiederum genutzt werden, um sie auf alle Spender*innen zu übertragen und deren die Bindung zu stärken.
So wunderbar es ist, dass Spender*innen begeistert an Spenderbefragungen teilnehmen, so ernüchternd ist es, wenn sich eine Organisation konstruktive Kritik wünscht. Während Kund*innen Kundenbefragungen häufig dazu nutzen, endlich mal „Dampf abzulassen“, freuen sich Spender*innen, ihre Dankbarkeit für das Engagement der Organisation zum Ausdruck bringen zu können. Dieses „offizielle“, schriftlich niedergelegte Commitment verstärkt wiederum ihre innere Bindung! Und je dankbarer sie sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie an der Umfrage teilnehmen.
Spenderbefragungen sind selbstselektiv, d.h. die Spender*innen können selbst entscheiden, ob sie teilnehmen. Damit sind schriftliche Umfragen per Definition nicht repräsentativ, sondern – bei NGOs – in Richtung der eigenen „Fans“ verzerrt. Das ist nicht schlimm, denn das sind ja die Kernspender*innen, über die die meisten Organisation auch noch viel zu wenig wissen. Es bedeutet aber, dass eine häufige Fundraising-Fragestellung mittels (schriftlicher) Befragungen nicht wirklich beantwortet werden kann: „Wie zufrieden sind die Spender*innen?“ (…mit unserer Kommunikation …mit unserem Service …mit unserer Arbeit)
Die Ergebnisse von Zufriedenheitsfragen liegen in der Regel jenseits der 90%-Marke und sind wenig erkenntnisreich. Abgesehen davon, dass vermehrt „Fans“ teilnehmen, gibt es auch einen psychologischen Grund: Eine Spende ist erstens freiwillig und zweitens Ausdruck von Vertrauen in die Organisation. Zwar sind die Erwartungen an Organisationen auch in Bezug auf Serviceaspekte gestiegen, aber freiwillig zu spenden und gleichzeitig unzufrieden zu sein, hieße, dass Einstellung und Verhalten nicht zueinander passen. Das erzeugt psychologische Dissonanz und wird von Menschen möglichst vermieden.
Bei der Planung einer Befragung ist es also sehr wichtig, sich über Ziele und Fragestellungen klar zu sein. Was wollen wir erreichen? Was wollen wir wissen? Mit welcher Befragungsmethode (standardisierter Fragebogen oder Interviews) erhalten wir die Erkenntnisse, die uns in unserem Arbeitsalltag weiterbringen? Wo liegen die jeweiligen Grenzen und was können wir uns von vornherein sparen?
Dass Umfragen die Spenderbindung positiv beeinflussen, ist ein wunderbarer „Nebeneffekt“. Im Fokus sollte stets Ihr Informationsgewinn stehen. Ein „Befragung um des Befragens willen“ wäre für beide Seiten eine Enttäuschung. Gut geplant und für die Spender*innen spannend und interessant umgesetzt, sind Spenderbefragungen für beide Seiten eine echte Lernerfahrung. …und das viele Lob der Spender*innen, das sie über die Umfrage zum Ausdruck bringen, ist zudem Labsal für die gestresste Fundraiserseele :-)
Also: Fragen Sie mal Ihre Spender*innen. Es lohnt sich!
Und ich wünsche Ihnen, dass es am Ende auch von ihren Spender*innen heißt: „Toll, dass Sie sich diesen Fragebogen haben einfallen lassen.“
>> Wenn Sie Unterstützung bei der Planung und/oder Durchführung einer Spenderbefragung wünschen, sprechen Sie mich gerne an.
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