Viele Menschen spüren eine tiefe Dankbarkeit im Leben und spenden, um etwas davon zurückzugeben. Dankbarkeit ist ein wichtiger Motivator im Fundraising. Gleichzeitig ist sie ein wichtiges Moment der Spenderbindung. Denn Dankbarkeit festigt die Beziehung zwischen Spender*in und Organisation.
Mittlerweile ist es für die meisten Organisationen selbstverständlich geworden, eingehende Spenden individuell zu bedanken. Das ist nicht nur höflich, sondern auch wichtig. Denn diese Form der Anerkennung und Wertschätzung ist ein entscheidender Treiber der Spenderbindung, der auf jeder Organisationsagenda viel weiter nach oben rutschen sollte, wie ich an dieser Stelle schon erläuterte.
Der Dank ist eine aktive Handlung der Organisation. Mindestens ebenso wichtig ist die Dankbarkeit, die Spender*innen auf der anderen Seite empfinden. Dabei kann man zwischen Dankbarkeit als Persönlichkeitsfaktor und Dankbarkeit als Zustand unterscheiden. Es gibt Menschen, die von sich aus dankbarer sind als andere. Das bedeutet, dass sie häufiger und intensiver Dankbarkeit verspüren sowie nach außen ausdrücken. Dankbarkeit wird dabei nicht nur in speziellen Situationen empfunden, sondern ganz generell gegenüber dem Guten im Augenblick, im Angesicht der Endlichkeit des Lebens und auf Basis positiver sozialer Vergleiche. Menschen, die die Persönlichkeitseigenschaft Dankbarkeit besitzen, bringen diese zum Beispiel durch eine Spende zum Ausdruck. „Ich bin dankbar für das, was mir gegeben wurde. Das möchte ich teilen und anderen etwas davon abgeben“, ist ein typischer Ausspruch. Die gesteigerten Spendenzahlen während der Corona-Pandemie lassen sich auch darauf zurückführen.
Diese Form der Dankbarkeit ist jedoch nicht Organisationsgebunden. Die Wahl der Organisation fällt erst im zweiten Schritt und ist individuell begründet.
Dankbarkeit als Zustand bezieht sich auf konkrete Situationen. Einer Person wurde geholfen und sie verspürt daraufhin ein Dankbarkeitsgefühl und möchte die Hilfe erwidern. Diese Form der Dankbarkeit setzt eine Beziehung zwischen zwei Parteien voraus. Diese Beziehung kann durchaus neu sein und ggf. erst durch den Hilfeakt entstehen. Aber sie ist nicht global, sie braucht ein Gegenüber. Je tiefer das Gefühl der Dankbarkeit gegenüber der anderen Person desto mehr stärkt es die Beziehung.
Nun lassen Organisationen in der Regel die Hilfe anderen zugutekommen, nicht den Spender*innen. Und dennoch können Spender*innen Dankbarkeit gegenüber der Organisation empfinden. Nämlich dann, wenn die Organisation etwas leistet, das den Spender*innen wichtig ist, sie aber selbst nicht durchführen können. Sie sind dankbar, weil die Organisation in fremden Ländern aktiv ist, weil sie Missstände aufdeckt, weil sie sich kümmert, weil sie aufklärt, weil sie Lobbyarbeit leistet usf. (Wofür Spender*innen im Einzelnen dankbar sind, können Sie exemplarisch hier nachlesen.) Je stärker sie das Gefühl haben, dass die Organisation eine für sie wichtige Aufgabe leistet und je schlimmer die Vorstellung, wenn die Organisation fehlen würde, umso höher wird die Bindung an die Organisation.
Erwähnenswert ist noch, dass Dankbarkeit in der Psychologie von der Verpflichtung abgegrenzt wird. In beiden Fällen erhält eine Person einen Gefallen. Ist sie dankbar, dann möchte sie den Gefallen erwidern, denn sie erlebt, dass ihr der Gefallen aus tiefem Herzen und ohne Hintergedanken getan wurde. Spürt sie jedoch, dass das Gegenüber eine Gegenleistung erwartet, entsteht das Gefühl der Verpflichtung. Sie soll sich revanchieren. Dankbarkeit wird positiv, Verpflichtung eher negativ empfunden. Tatsächlich werden mehr Gefallen aus Dankbarkeit als aus Verpflichtung erwidert. Das mag überraschen, aber eine dankbare Person revanchiert sich aus intrinsischer Motivation heraus. Das ist stärker als ein externer Anreiz.
Entscheidend für die Spenderbindung ist also, dass Spender*innen Dankbarkeit für die Arbeit und Taten der Organisation entwickeln. Das geht nur, wenn sie sich für die Arbeit und Inhalte begeistern lassen. Wenn sie dagegen ein Incentive mit einer Spende erwidern, so entspringt diese Handlung oft dem Verpflichtungsgefühl der herrschenden sozialen Norm zu entsprechen (Reziprozität). Es funktioniert, aber es verbindet nicht.
Schließen möchte ich mit einem Zitat, dass das beziehungsstiftende Element der Dankbarkeit wunderbar auf den Punkt bringt:
Dankbarkeit ist das Erinnerungsvermögen des Herzens. (Jean-Baptiste Massillon)
Wenn Sie noch etwas über D wie Spender-Dank und Gedanken zum Dank oder Spenden-Deals erfahren möchten, finden Sie auch außerhalb des Glossars dazu Informationen.
Lesetipp: Zygar, C. & Angus, J. (2016) Dankbarkeit. In: D. Frey (Hrsg.), Psychologie der Werte. Von Achtsamkeit bis Zivilcourage – Basiswissen aus Psychologie und Philosophie. Berlin Heidelberg, Springer-Verlag. S. 37-52.