Laut Google ist Neuspenderbindung anscheinend kein Thema. Zumindest spuckt die Suchmaschine nur eine Handvoll Seiten zu diesem Suchbegriff aus. Das ist erstaunlich, denn in Zeiten, wo es schwer ist, neue Spenderinnen und Spender zu finden, sollten diese unbedingt gehalten werden. Und Neuspenderbindung ist spezifischer als spätere Bindung.
Bei meiner jährlichen >> Online-Sprechstunde war das Thema „Neuspenderbindung“ in den letzten Jahren das am meisten gebuchte Thema. Und zwar völlig zurecht. Denn mühsam und teuer gewonnene Neuspender, die keine Zweitspende hinterlassen, sind ein Minusgeschäft und das ist nicht das Ziel des Fundraisings. Wir wollen Menschen langfristig begeistern, um gemeinsam Projekte voranzubringen.
So viel vorab: Menschen, die die Werte Ihrer Organisation nicht teilen und/oder keinen Bezug zum Thema haben, werden keine dauerhafte Bindung mit der Organisation eingehen. Neuspender, die nur wegen einer stark negativ emotionalisierenden Story (Drama), sozialen Drucks, eines Incentives oder zu Anlässen von Bekannten spenden, können – wenn überhaupt – nur passiv gebunden werden. Das heißt, sie bleiben vielleicht eine Zeit lang aktiv. Aber beim geringsten negativen Anlass sind sie weg.
Neuspenderbindung beginnt daher schon bei der Selektion und Erstansprache der potentiellen Spender:innen.
Der stärkste Treiber der Spenderbindung ist der Dank. Das gilt für Neuspenderinnen ebenso wie für Bestandsspender. Der Dank ist vom ersten Moment an wichtig und sollte nie nachlassen. (Das gilt auch für Spenderinnen und Spender, die weniger als 300 Euro spenden und keine Spendenquittung benötigen!) Der Neuspenderdank ist besonders wichtig, weil es die erste Reaktion seitens der Organisation ist, die im Spendenkontakt entsteht. Und diese ist wichtig für das Vertrauen.
Vertrauen entsteht durch kontinuierliche positive Erfahrungen. (Und NICHT durch einen 50 Seiten starken Jahresbericht!)1 Bestandsspender haben diese in der Regel ausreichend gemacht. Selbst wenn mal etwas nicht optimal läuft, haben sie gelernt, dass es die Organisation besser kann und „verzeihen“. Bei Neuspendern muss es von Anfang an passen! Der Vertrauensvorschuss der Erstspende muss mehrfach bestätigt werden. Und schnell sollte es gehen. Ist der Zeitraum zwischen Erstspende und Kontakt zur Organisation zu lang, verpufft die Wirkung. Eine besonders positive Erfahrung machen Neuspender:innen, wenn sie Dank erfahren, die Wirksamkeit der Spende bestätigt bekommen und die Organisation Servicequalität beweist.
Dank, Wirksamkeit und Servicequalität sind auch für Bestandsspender:innen wichtig und sollten niemals aufhören. Können Neuspender daher nicht einfach in der Hausliste mitlaufen? In der Theorie ja, in der Praxis nein. Die übliche Spenderkommunikation ist oft zu allgemein gehalten. Neuspender müssen aber direkt ein positiv-emotionales Erlebnis mit der Organisation verbinden können. Daher lohnt es sich sie, zumindest zu Beginn, in der Kommunikation zu separieren.
Extratipp: Fragen Sie die neuen Spender:innen etwas zu sich und ihrer Meinung zu ihren Projekten und Themen. (Kurzbefragung via QR-Code auf dem Dankschreiben.) So lernen Sie mehr über die neuen Unterstützer:innen und diese fühlen sich doppelt wertgeschätzt, weil sie Feedback geben dürfen. (Je weniger Personen mitmachen, umso mehr Impulsspender:innen haben Sie eingesammelt. Dann sollten Sie Ihre Neuspendergewinnung überdenken.)
Bei freien Spenden / Dauerspenden ist es ebenfalls wichtig, die Spendenwirkung anhand eines konkreten Beispiels aufzuzeigen. Dieses können Sie frei wählen und (wichtig!) mit der Vision Ihrer Organisation verknüpfen (eine saubere Umwelt, starke Mädchen, eine inklusive Gesellschaft etc.). Menschen, die frei spenden, teilen die Vision und vertrauen Ihnen, diese in unterschiedlichen Projekten gut umzusetzen. Verzichten Sie auch hier darauf, einen Bauchladen auszubreiten. Sie haben in den nächsten Jahren noch genug Gelegenheiten, weitere Projekte vorzustellen.
Einige Organisationen arbeiten mit Willkommenspaketen für Neuspender:innen. Das persönliche Begrüßungsschreiben ist der richtige Ansatz! Oftmals liegen jedoch Broschüren bei, damit die neuen Spender:innen viel über die Organisation lernen können. In einer aufwändigen Studie zur Validierung eines Spenderbindungsmodells konnten Sargeant und Woodliffe (2007) diesen Zusammenhang leider nicht belegen: Angehäuftes Wissen über die Organisation hatte keinerlei Einfluss auf die Bindung zur selben. Die Autor:innen bezeichnen dieses Ergebnis als „enttäuschend“, da es bedeute, dass Organisationen „die Bindung nicht erhöhen können, indem sie ein besseres Verständnis für ihre Organisation vermitteln.“ (S. 61).3
Neue Spenderinnen und Spender brauchen ein Gefühl der Sicherheit nach ihrer Erstspende. Sie müssen durch den Erstkontakt fühlen(!),dass sie bei Ihnen an der richtigen Stelle sind. Sie müssen erleben, dass sie selbst wertgeschätzt und die Spende gut eingesetzt wird, weil Sie eine gemeinsam geteilte Vision verfolgen und diese in tollen Projekten konkret umsetzen. DAS muss eine Willkommensbroschüre transportieren. Sie brauchen weder Zahlen, Daten und Fakten über die Geschichte Ihrer Organisation, noch endlose Aufzählungen über alle Tätigkeitsfelder und Themenbereiche. Merken Sie sich daher: Neuspenderbindung beginnt mit einem guten Gefühl mit der Organisation, nicht mit Faktenwissen über sie. Auch wenn es dem Vorstand wehtut…
Ein Neuspender ist ein zartes, schutzbedürftiges Pflänzchen, das oft teuer erstanden wurde und deswegen besondere Aufmerksamkeit verdient hat. Bevor es groß und stark ist und auch mal einen Gegenwind aushalten kann, müssen Sie es mit vielen emotionalen Erlebnissen aufpäppeln. Überschütten Sie es nicht mit zu viel Wissen. Sonst kann es die positiven Nährstoffe nicht richtig aufnehmen.
Wenn Sie noch etwas über N wie Nähe, Normen, Nachwuchsspender oder Ziele für Neuspender erfahren möchten, finden Sie auch außerhalb des Glossars dazu Informationen.
1 tiefer einsteigen: V wie Vertrauen
2 tiefer einsteigen: W wie Wertschätzung
3 Sargeant, Adrian, Woodliffe, Lucy. (2007). Building Donor Loyalty: The Antecedents and Role of Commitment in the Context of Charity Giving. Journal of Nonprofit & Public Sector Marketing, 18:2, 47-68.