Spenderbefragungen sind eine gute Sache. Gut gemacht liefern sie der Organisation wertvolle Erkenntnisse über ihre Spenderinnen und Spender sowie deren Wünsche und Bedürfnisse. Doch wie so oft gibt es auch hier einige Fallstricke, die Sie im Vorfeld umgehen können. Die folgenden Fragen sollten Sie bei Ihrer Spenderbefragung vermeiden.
Bei der Planung einer Befragung tauchen immer wieder Fragen auf, die sich für eine quantitative Befragung, also einen klassischen Fragebogen, nicht eignen. Bestenfalls bringen sie Sie nicht weiter, schlimmstenfalls führen sie zu Fehlinterpretationen.
1. Fragen zur Zufriedenheit / Kritik
Spenderbefragungen sind selbstselektiv, d.h. die Spendenden können selbst entscheiden, ob sie teilnehmen. Die Befragten sind daher in Richtung der eigenen „Fans“ verzerrt, denn die machen vermehrt mit. Das ist nicht schlimm, denn auch über die Stammspender:innen wissen die meisten Organisationen viel zu wenig. Es bedeutet aber, dass die Ergebnisse von Zufriedenheitsfragen („Wie zufrieden sind Sie …mit unserer Kommunikation? …mit unserem Service? …mit unserer Arbeit?“) wenig erkenntnisreich sind, denn sie liegen in der Regel jenseits der 90-Prozent-Marke.
Das hat auch einen psychologischen Grund: Eine Spende ist freiwillig und Ausdruck von Vertrauen in die Organisation. Freiwillig zu spenden und gleichzeitig unzufrieden zu sein, hieße, dass Einstellung und Verhalten nicht zueinander passen. Das erzeugt psychologische Dissonanz und muss zwingend vermieden werden.
Aus demselben Grund sollten Sie auch nicht auf allzu viel Kritik und Verbesserungen hoffen. Fragen wie „Was können wir besser machen?“ oder „Was gefällt Ihnen nicht gut?“ fördern meist wenig zu Tage. Die häufigste Antwort wird lauten: „Nichts. Machen Sie weiter so.“ Für Sie auf den ersten Blick vielleicht frustrierend, wenn Sie sich konstruktive Kritik wünschen und wirklich Dinge im Sinne der Spender:innen ändern wollen. Für die Spenderbindung ist das geäußerte Lob aber wichtig, denn Dankbarkeit verstärkt die Bindung. Sie sollten daher den Spender:innen die Möglichkeit geben, frei und in eigenen Worten Loben und Danken können.
2. Fragen zur Bedankung
Ähnlich verhält es sich mit Fragen rund um das Thema Spenderdank: „Fühlen Sie sich ausreichend bedankt?“, „Hätten Sie gerne mehr/weniger/gleich viel Dank?“, „In welcher Form möchten Sie bedankt werden?“. Auf solche Fragen erhalten Sie vor allem sozial erwünschte Antworten. Nur die Allerwenigsten würden nach außen vertreten, dass ihnen ein besonderer Dank wichtig sei. Mehr als ein „normales“ Dankeschön hat man nicht zu verlangen. Vor allem bei den ältesten Spenderinnen und Spendern herrscht der Grundsatz vor: Ich spende uneigennützig. Einen Dank brauche ich nicht.
Allerdings hat der Dank auch bei Menschen, die ihn nicht wichtig finden, eine enorme Wirkung! Stellen Sie aufgrund einer solchen Frage Ihre Dankbriefe ein, verlieren Sie Ihr stärkstes Werkzeug der Spenderbindung.
3. Warum vertrauen Sie …? und andere psychologische Konstrukte
Vertrauen ist ein Gefühl, das kaum jemand in Worte fassen kann. Wissen Sie genau, warum Sie jemandem vertrauen? Auf ein so komplexes psychologisches Konstrukt erhalten Sie nur rationalisierte Antworten. Anders ausgedrückt: Sie erfahren nicht, warum jemand Ihnen vertraut, sondern was die Person darüber denkt, warum sie Ihnen wohl vertraut.
Psychologische Studien zeigen, wie hoch der Einfluss von (prominenten) Testimonials auf das Vertrauen gegenüber Unternehmen oder NGOs ist. Gleichzeitig wissen wir, wie wenig Menschen den Jahresbericht tatsächlich lesen. Wenn Sie aber vor die Frage gestellt werden, warum Sie einer NGO vertrauen, was kreuzen Sie an: Wegen des Promis oder wegen des Jahresberichts?
4. Fragen aus der Vergangenheit und über die Zukunft
Menschen, die Sie schon länger bedenken, können sich an die Anfänge meist schwer erinnern. Fragen nach der Spendendauer („Seit wann spenden Sie an uns?“) haben allenfalls Unterhaltungswert. Beim Abgleich mit der Spenderdatenbank würden Sie sich sehr wundern. Wenn Sie das Antwortverhalten von neu gewonnenen und treuen Spender:innen vergleichen wollen, ziehen Sie die Information aus der Datenbank und drucken Sie einen entsprechenden Code auf den Fragebogen, um die Rückläufer sicher zuzuordnen.
Ähnlich spekulativ sind Fragen über zukünftiges Verhalten („Können Sie sich vorstellen, in Zukunft für XY zu spenden/dauerhaft zu spenden.“). Solche Fragen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll und müssen besonders interpretiert werden.
5. Fragen, deren Antwort Sie schon kennen
Fast schon eine Standardfrage ist die folgende: „Für welche Themenfelder/Projekte interessieren Sie sich?“ In anonymen Befragungen ohne die Zuordnung zu einzelnen Personen, ist der Erkenntnisgewinn leider auch hier überschaubar. In der Regel entspricht die Beliebtheitsreihenfolge derjenigen, die erfahrene Fundraiserinnen bereits an anderer Stelle analysiert haben: Nämlich anhand der Responsequote bei Mailings. Was dort besonders gut funktioniert, ist auch in der Befragung beliebt.
Interessant wird diese Frage jedoch in Verbindung mit Fragen zur Person. Demografie-Fragen, z.B. nach Alter oder Geschlecht, sind nicht nur hilfreich, um die statistische Verteilung eines Merkmals zu bestimmen. Spannend wird es, wenn diese Information mit anderen Fragen verknüpft wird. Finden Männer andere Themen/Projekte interessant als Frauen? Haben jüngere Spenderinnen andere Wünsche als ältere? Die Identifikation von Gruppenunterschieden ermöglicht Ihnen eine zielgerichtetere Kommunikation.
[Dieser Artikel erschien ursprünglich im Fundraising-Magazin Ausgabe 1/2023]
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